Prag: eine Stadt mit vielen Gesichtern

Mein neues Jahr habe ich mit einer Reise begonnen. Dieses Mal ging es nach Prag oder Praha, wie die Tschechen ihre Stadt nennen. Die Heimat von Franz Kafka, Antonín Dvořák und Bedřich Smetana.

Albert Einstein lehrte an der Karls-Universität Prag als Professor. Alles Berühmtheiten, die der Welt ihre schönen Werke und ihre wundervolle Musik hinterlassen haben. Überall in der Stadt sieht man ihre Denkmäler, Schilder, Straßennamen, Museen und Cafés, die nach ihnen benannt sind.

Denkmal Bedřich Smetana

Aber Prag bietet nicht nur das. Sondern auch eine atemberaubend schöne Architektur, viele Bierbrauereien, deftige Hausmannskost, gemütliche Kaffeehäuser, Clubs und jede Menge Shoppingmöglichkeiten. Es lohnt sich auf jeden Fall die Hauptstadt Tschechiens näher kennen zu lernen. Mein Mann und ich waren eine Woche in Prag und wurden mit einem blauen Himmel, Sonnenschein und Schnee begrüßt.

Natürlich haben wir uns vorher informiert und sind alle touristischen Attraktionen durchlaufen. Für jemanden wie mich, der zum ersten Mal diese Stadt besucht, war das notwendig, um einen ersten Eindruck von der Stadt und ihren Einwohnern zu bekommen.

Ich muss dazu sagen, dass Prag im Winter zwar touristisch ist, aber es lässt sich noch ganz gut aushalten.  Ich habe von vielen Menschen gehört, dass es im Sommer ganz anders ist: ziemlich voll! So voll, dass man kein vernünftiges Bild von einem Bauwerk machen kann.

Einquartiert haben wir uns im Hotel Leonardo, in einer netten und gemütlichen Juniorsuite. Das Hotel befindet sich zentral an der Moldau, so dass wir fast alles in der Stadt fußläufig erreichen konnten. Aber Prag hat auch eine Metro mit insgesamt drei Linien und ein gut ausgebautes Straßenbahnsystem. Die Tickets erhält man an Automaten, in Tabakläden, Zeitungskiosken oder auch im Hotel. Sorglos unterwegs ist man mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln und einem Tagesticket für 110,- Kč, umgerechnet ca. 4,- Euro.

Unsere Entdeckungstour beginnt mit einem Spaziergang am Moldau-Ufer (Smetanovo nábřeží), mit dem Blick auf das Nationaltheater, vorbei an dem Smetana-Denkmal und weiter über die Karlsbrücke (Prags Wahrzeichen) Richtung Stadtteil Kleine Stadt, Malá Strana. Hier bietet sich einem ein großartiger Panoramablick. Die Heiligenstauen aus der Barockzeit bilden entlang der Brücke eine Allee und sind weltberühmt.

Karlsbrücke
Stadtteil Kleine Stadt, Malá Strana
Prager Burg Hradschin. Stadtpanorama.

Inspirierend ist die John Lennon Mauer in Prag, im Stadtteil Kleine Seite. Sie ist 40 Meter lang und sehr bunt. Das Originalportrait von John Lennon von 1980 ist schon lange mit anderen Malereien überdeckt. Das heißt, dass die Wand zu jeder Reisezeit und in jedem Reiseführer ganz anders aussieht, weil sie ständig neu mit Teilen aus Beatles Song Texten und von John Lennon inspirierten Bildern und Graffitis bemalt wird.

John Lennon Mauer

Nach dem tragischen Tod von John Lennon malte ein unbekannter Künstler sein Portrait an diese Wand. Danach kamen weitere Friedensparolen und Texte dazu. Dem kommunistischen Regime war diese Mauer ein Dorn im Auge. Sie wurde sogar neu gestrichen, um die Graffitis abzudecken. Aber das hat nichts genützt. Es dauerte nicht lange und bald tauchten wieder neue Malereien, Sprüche, Gedichte und Liedtexte auf, obwohl man dafür ins Gefängnis kommen konnte. Heute gehört die Mauer dem Malteser Orden, und er hat die Graffitis und die Bemalung offiziell erlaubt. Ich kenne Leute, die dort auch ihre Unterschriften hinterlassen haben.

Es ist unglaublich schön, die Stadt zu Fuß zu erkunden, denn es gibt so viele kleine enge Gassen, in denen man den Eindruck hat, dass dort die Zeit stehen geblieben ist. Vor allem abends wird es sehr gemütlich. Die ganze Stadt hüllt sich in ein goldenes Licht. Die Brücken, die Häuser, der Fluss und die engen Passagen wirken in diesem goldenen Licht noch imposanter. Prag bezeichnet man auch als goldene Stadt, Zlata Praha. Ich weiß nun warum. Dieser Name ist der tschechischen Hauptstadt verliehen worden, weil die vielen Kirchtürme und historischen Kuppelgebäude einerseits vergoldet sind und  in der untergehenden Abendsonne und im Laternenlicht einen wunderbar goldenen Schein über die ganze Stadt legen. Ich könnte stundenlang in diesem Licht spazieren gehen, weil die Atmosphäre sehr romantisch ist.

Prag bei Nacht
Prag bei Nacht

Das geschäftliche Zentrum von Prag befindet sich in der sogenannten Neustadt, Nove Mesto. Bahnhof, Wenzelsplatz, Fußgängerzone und jede Menge Geschäfte, Hotels und Restaurants. Ich hatte den Eindruck, hier ist von Morgens an bis spät in die Nacht immer Betrieb. Die vielen Cafés laden zu einer entspannten Tasse Kaffee ein und zu sehen gibt es mehr als genug. So neu ist aber die Prager Neustadt gar nicht. Sie wurde bereits 1348 von Karl IV. gegründet. Anfang des 19. Jahrhunderts fanden dann Umbauarbeiten statt, so dass das heutige Stadtbild von vielen Stilrichtungen geprägt wurde.

Wenzelsplatz

Ich habe in diesem Stadtteil einen ganz stilvollen Vintage-Laden „The Address Idea“ entdeckt. Der Einkauf hat so viel Spaß gemacht, dass ich mir gleich zwei Jacken gekauft habe. Die braune Wildlederjacke im Stil der 80er könnt Ihr in diesem Beitrag auf den Fotos sehen. Ich bin sehr glücklich über diesen Erwerb.

Abends haben wir uns meistens mit gutem typisch tschechischen Essen verwöhnen lassen. Die Kartoffelsuppe, der traditionelle Schweinebraten mit Knödeln und Sauerkraut, die mit Früchten gefüllten Knödel oder der Apfelstrudel – es schmeckt göttlich! Leider muss ich dazu sagen, dass die tschechische Küche nicht die beste Wahl für Vegetarier ist. Ich habe zwar gelesen, dass tschechische Koch- und Essgewohnheiten sich in der letzten Zeit zugunsten einer gesünderen Lebensweise verändert haben, aber die traditionellen tschechischen Gerichte sind im allgemeinen kalorienreich, fettig und sehr zuckerhaltig.

Knödel mit Gulasch

Aber das gibt es nur einmal in Prag: usbekische Küche. Einen Ausflug dahin mitten in Prag lege ich jedem ans Herz, der mal plant, Prag zu besuchen. Das Restaurant „Samarkand“ in Malá Strana ist eine wahre Entdeckung gewesen. Alles im mittelasiatischen Stil eingerichtet, netter und kompetenter Empfang und liebevolle Bedingung. 200 Kč bezahlt man für einen Teller Manty, gedämpfte Teigtaschen mit Lammfleisch und Zwiebeln, die mit frischem Schmand serviert werden Dazu hatten wir Chebureki, knusprige Teigtaschen mit Hackfleischfüllung, Brot und Naryn bestellt, eine sehr beliebte usbekische Speise aus dünn geschnittenen Fleisch und Nudeln mit einer sehr schmackhaften Bouillon serviert. Für mich war das ein tolles Geschmackserlebnis!

Usbekische Küche

Die Tschechen sind bekannt für ihr Bier. Wer es nicht weiß: die Tschechen führen im Kampf um den weltweit höchsten Bierkonsum mit ca. 160 Liter pro Kopf und Jahr. Es gibt eine Bier-Landkarte in Prag. Man findet heute um die 28 Bierbrauereien. Die Geschichte einiger dieser Lokale hat eine lange Historie, einige andere sind erst vor kurzem entstanden. Man findet sie im Stadtzentrum und in Stadtrandsiedlungen. Von den traditionellen Brauereien im Stadtzentrum verdient die Brauerei „U Tří růží“, Zu den drei Rosen, Beachtung. Zu den berühmten Bieren gehören das rote Bier „Vienna red“ oder das erfrischende, obergärende Weißbier mit Bananen- und Zitronengeschmack. Die Mikrobrauerei „U Medvidku“ ist nicht nur für ihr süffiges dunkles Bier berühmt, sondern auch für die deftige Traditionsküche nach Großmutters Rezepten. Ein schnuckeliges Brauhaus ist „Novoměstský pivovar“, das Sitzplätze auf mehreren Ebenen, leckere Biere und Besichtigung ab zehn Personen anbietet. Im Brauhaus „Pivovar Národni“ bekommt man bei schnellen Service gutes Bier und ein schmackhaftes Essen. Na dann, sage ich nur: „Na zdravi!“

Wer über die Geschichte und Traditionen des tschechischen Biers mehr erfahren möchten, kann eine Exkursion buchen und das Biermuseum in der Husova Straße besichtigen. Die wertvollen Auswirkungen des Biers kann man auch im Bier-Bad ausprobieren – in Prag sind zurzeit drei in Betrieb. In einigen Lokalen kann man sogar Bier-Eis bestellen. Schmeckt übrigens gar nicht so schlecht und wird bei den Stadtführungen öfters mal den Kindern angeboten, während die Erwachsenen das eigentliche Bier verkosten. Und ich war kurz davor, ein Bier-Duschgel zu kaufen als Mitbringsel!

Sehr beliebt und auch sehr touristisch ist Prager Altstadt, Staré Město. Der zentrale Platz ist riesig. Hier kann man in zahlreichen Cafés sitzen, Straßenkünstlern bei der Arbeit und  Besuchergruppen flanieren sehen und sich die besonders schönen verzierten Fassaden der Häuser anschauen. Das Altstädter Rathaus ist mit seiner astronomischen Uhr eine der wichtigen Sehenswürdigkeiten.

Prager Altstadt, Staré Město

Für die Pause zwischendurch kann ich zwei Cafés empfehlen: das „Café Café“ an der Rytířská 10 mit seinem modernen Design und das „au GOURMAND“ in der Straße Dlouhá 10, im Stil einer französischen Brasserie. Auf der Speisekarte des „Café Café“ findet man Suppen, Sandwiches, Salate und Süßes. Der Kakao wird aus echter Schokolade zubereitet und schmeckt himmlisch! Das „au GOURMAND“ ist eine französische Bäckerei und Konditorei mit hohen Decken und einem wunderschönen Fliesenboden. Hier isst das Auge definitiv mit! Man möchte einfach alles probieren.

Café „au GOURMAND“

Das Highlight am vierten Tag unserer Reise war das Alte Jüdische Viertel Josefov mit dem ältesten jüdischen Friedhof Europas und zahlreichen Synagogen. Die Wohngegend ist die teuerste und exklusivste in Prag. Die Straßen mit ihrer vielfältigen Architektur und prachtvollen Boulevards verleihen der Gegend eine einzigartige Atmosphäre. Jüdische Kaufleute kamen bereits im neunten Jahrhundert nach Prag. Spätestens seit dem zwölften Jahrhundert entstand eine jüdische Gemeinde, später zeitweise die größte Europas. Das Viertel kann leicht zu Fuß erschlossen werden. Sehr empfehlenswert. Wenn man allerdings alles besichtigen will, sollte man dafür einen ganzen Tag einplanen. Der Spaziergang dort endet wieder in der Prager Altstadt.

Jüdisches Viertel Josefov
Jüdisches Viertel Josefov

Prag ist schön und Prag hat viel zu bieten. Das Schöne an dieser Stadt ist, dass sie überall so unterschiedlich ist. Befindet man sich in einem Viertel, hat man den Eindruck, man wäre in Berlin der 20er Jahre. In einem anderen Viertel der Stadt hat man den Eindruck in Paris zu sein. Am Moldauufer und an vielen Brücken präsentiert sich die Stadt oft als die kleine Schwester von Amsterdam. In den Gegenden mit vielen Caféhäusern überzeugt Prag mit seinem Wiener Flair.

Das tanzende Haus vom Architekten Frank Gehry

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